15 Jahre Corporate Real Estate Management in Deutschland: Entwicklungsstand und Perspektiven der Bündelung immobilienwirtschaftlicher Aufgaben bei ausgewählten Unternehmen

Nach mehr als einer Dekade Corporate Real Estate Management (CREM) in Deutschland ist es interessant zu erfahren, welche Erfolge in Unternehmen dadurch bisher erzielt werden konnten und welche Aufgaben ihnen noch bevorstehen. Unter CREM ist dabei das erfolgsorientierte Management von Unternehmensimmobilien zu verstehen. Die Bündelung der immobilienspezifischen Aufgaben durch Zentralisierung in einer Geschäftseinheit, verspricht dabei die Hebung unausgeschöpfter Effizienzsteigerungspotenziale. Es stellt sich aber die Frage, wie eine solche Bündelung durchgeführt werden sollte und mit welchen Erfolgen, aber auch Misserfolgen man dabei rechnen kann. Dieser Fragestellung soll mit der Durchführung einer empirischen Erhebung nachgegangen werden. Die Erhebung ist in Form von Experteninterviews konzipiert und hat ausgewählte Großunternehmen im Fokus. Die Auswahl der Vergleichsunternehmen erfolgt in erster Linie nach dem Kriterium von bereits erzielten Erfahrungen bei der Etablierung eines CREM.

Ziele der Untersuchung

Mit der Studie sollen neben allgemeinen Vorteilen vor allem Einspar- und Effizienzsteigerungspotenziale durch eine Bündelung von CREM- Funktionen identifiziert werden. Im Ergebnis werden die ergriffenen Maßnahmen und die daraus resultierenden Erfolge aber auch die Misserfolge abgebildet. Über die Beschreibung von „Erfolgsstories“ sollen Wege aufgezeigt werden, wie ein CREM sinnvoll eingesetzt werden kann. Darüber hinaus soll aber auch der noch ausstehende Handlungsbedarf ermittelt werden, um den Weg zu weiteren Perspektiven eines zentralisierten CREM aufzuzeigen.

Das Forschungsprojekt wird mit dem Projektpartner Montan-Grundstücksgesellschaft mbH (MGG), Essen, realisiert.

Management Summary der empirischen Studie

Seit Anfang der 90er Jahre wird das Thema Corporate Real Estate Management zunehmend in deutschen Unternehmen diskutiert und zum Teil erfolgreich praktiziert. Die organisatorische Gestaltung des CREM sowie die Professionalisierung immobilienwirtschaftlicher Aufgaben nehmen dabei einen besonderen Stellenwert ein.

In der vorliegenden Studie wurde ein Überblick der Entwicklungen des Corporate Real Estate Managements der vergangenen 15 Jahre gegeben. Besonderes Ziel war die Darstellung der Vorteile eines zentralen CREM, der organisatorischen Implementierung des CREM im Unternehmen sowie des Umsetzungsprozesses von der dezentralen Immobilienverwaltung zum zentralen Immobiliendienstleister.

Die verwendeten Daten basieren auf Experteninterviews, die mit den verantwortlichen CRE-Managern ausgewählter Unternehmen durchgeführt wurden. Die Interviews wurden anschließend mittels der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet.

Die in der Studie bewusst offen und allgemein gehaltene CREM-Definition fand bei den befragten Unternehmen grundsätzlich breite Akzeptanz. Dies zeigt, dass sich das Grundverständnis des CREM-Begriffs nach 15 Jahren CREM in Deutschland weitgehend vereinheitlicht hat. Die von einzelnen Befragten konkretisierenden Anmerkungen zur Definition stellen eher Nuancen in der Bedeutung unterschiedlicher Funktionsbereiche des CREM dar, deren Ursache überwiegend in unternehmensspezifischen Gegebenheiten liegen. Leichte Unterschiede bestehen zudem in der Gewichtung rein immobilienwirtschaftlicher Aufgabenstellungen, die in vielen Fällen ein wertorientiertes Immobilienmanagement aus der Eigentümerperspektive in den Vordergrund stellen. Die an den Zielen der Nutzer orientierte Bereitstellung immobilienwirtschaftlicher Dienstleistungen findet nur bei einzelnen der befragten Unternehmen statt.

Ein Teil der Untersuchung bestand weiterhin in der Analyse des Immobilienportfolios der Unternehmen sowie der organisatorische Gestaltung des CREM. Es wurde gezeigt, dass die Struktur des Flächenportfolios bei den befragten Unternehmen stark heterogen geprägt ist. So sind bei einem Großteil der befragten Unternehmen neben den üblichen Verwaltungs-, Produktions- und Lagergebäuden auch häufig größere land- und forstwirtschaftliche Flächenbestände anzutreffen. Die Anteile der jeweiligen Nutzungsarten am Gesamtportfolio sind kaum vergleichbar. Trotz dieser Heterogenität weisen die befragten Unternehmen sehr ähnliche Strukturen auf. Die Zusammensetzung des Flächenportfolios spielt demzufolge keine Rolle hinsichtlich der organisatorischen Implementierung des CREM und dem Grad der Aufgabenbündelung.

Die Organisation der CREM-Einheit und ihre Eingliederung in den Konzern erfolgt nach unterschiedlichen Modellen. Die Zuordnung erfolgt in der Regel entweder beim Finanzbereich oder bei den (zentralen) Services. Die vertikale Eingliederung, der in den meisten Fällen rechtlich selbständigen CREM-Einheit in den Konzern, erfolgt dabei mehrheitlich auf zweiter Managementebene. Hinsichtlich einer optimalen eigentumsrechtlichen Stellung der CREM-Einheit konnte in dieser Untersuchung keine abschließende Aussage getroffen werden. Obwohl bei der Mehrheit keine Eigentumsübertragung stattgefunden hat, könne nach Ansicht einiger Immobilienverantwortlichen gerade dies eine Lösung der häufig mangelnden Verfügungsgewalt über die Objekte bedeuten.

Ein weiterer Schwerpunkt der Studie stellte die Analyse der im Rahmen der Aufgabenbündelung durchgeführten Maßnahmen und die realisierten Erfolge dar. Die Vereinheitlichung von Prozessen und Schaffung von Transparenz in den Immobilienbeständen gehören nach Auswertung der Interviews zu den zwei bedeutendsten Maßnahmen im Zuge der Aufgabenbündelung, die zur Generierung erheblicher Liquidationserlöse sowie einer Leistungssteigerung und Kostenoptimierung geführt hat. Der Abgleich bzw. die Synchronisation von Unternehmens- und Immobilienstrategie findet bei der Mehrheit der Unternehmen hingegen bislang kaum Anwendung. Gerade hier wird jedoch die Basis für ein effizientes Immobilienmanagement gesehen.

Ein wesentlicher Teil der Studie bestand darin, die Darstellung des Umsetzungsprozesses von der dezentralen Immobilienverwaltung zur zentralen CREM-Einheit zu vollziehen. Dabei wurden vor allem die Auslöser und die ursprünglich vermuteten Potenziale der Bündelung sowie konkrete Schritte im Umsetzungsprozess analysiert. Die Auswertung der Interviews kam zu dem Ergebnis, dass viele Unternehmen die Neustrukturierung des Konzerns sowie die Erkenntnis mangelnder Transparenz und Immobilienkompetenz als Auslöser der Bündelung immobilienwirtschaftlicher Funktionen nutzten. In den meisten Fällen wurden erhebliche Kosteneinsparungen und Qualitätsverbesserungen, bzw. im Falle der Verwertung die Generierung von Verkaufserlösen gesehen.

Der Bündelungsprozess gestaltete sich je nach CREM-Funktion und Unternehmen von unterschiedlicher Dauer und stellte sich häufig als schleichender, permanenter Prozess dar. Die Erfolge im Zuge der Maßnahmenbündelung hätten sich nach Auskunft der Befragten in relativ kurzer Zeit, meist sogar gleichlaufend mit der Umsetzung, realisieren lassen. Die Mehrheit hätte als Folge der Bündelung und zentralen Koordination sämtlicher unternehmensweiten Immobilienaktivitäten erhebliche Effizienzsteigerungs- und Kosteneinsparungspotenziale realisieren können. Der größte Teil gab an, sie hätten im Durchschnitt Einsparungen bei den Occupancy Costs zwischen 15% und 30% nachhaltig realisieren können. Auch für die Zukunft rechnet ein Großteil der CRE-Manager, abgesehen von den Verwertungsfunktionen, noch mit weiterem Einspar- bzw. Leistungssteigerungspotenzial.

Abgesehen von den Verwertungsfunktionen sei der Bündelungsprozess nach Aussage der Immobilienverantwortlichen von erheblichen Widerständen begleitet gewesen. Den Interviewten zufolge hätte es sich dabei um Partikularinteressen gehandelt, die sich meistens in der Angst vor Kompetenzentzug geäußert hätten. Mittels Machtpromotor im Top Management und Überzeugungsarbeit hätte man diese lösen können.

Im letzten Teil der Studie erfolgte auf Basis von Experteneinschätzungen die Identifizierung der Wertbeiträge der einzelnen CREM-Funktionen. Die Analyse der Interviews kam zu dem Ergebnis, dass die übergeordneten Aufgaben die wichtigste Funktion darstellen, obwohl in der Verwertung der größte Werthebel zu finden ist. Nach Ansicht der Interviewteilnehmer bildet die strategische Ausrichtung des CREM das Fundament für die restlichen Bereiche. Die Realisierung von Kosten- und Einsparpotenzialen bzw. Veräußerungserlösen lasse sich meist erst in der operativen Umsetzung erzielen. Daher sei der Werthebel bei den übergeordneten Aufgaben am geringsten.

Eine weitere Erkenntnis der Studie ist, dass das CREM immer mehr qualitative Aspekte berücksichtigt und sich immer weniger auf das reine Costcutting beschränkt. Besonders in den CREM-Funktionen „Bereitstellung“ und „Betrieb“ spiele dies nach Ansicht vieler CRE-Manager eine bedeutende Rolle.

Als Fazit ist festzuhalten, dass sich in den vergangenen Jahren im Immobilienmanagement der ausgewählten Unternehmen einiges getan hat. Ein Großteil der betrachteten CREM-Einheiten hat sich von der ehemaligen Verwerterrolle hin zum Immobiliendienstleister weiterentwickelt. Auch haben viele Unternehmen inzwischen erkannt, dass ein zentrales CREM, das sowohl die Eigentümer- als auch Nutzerinteressen berücksichtigt, wesentlich zur effizienten Steuerung des eigenen Immobilienbestands beiträgt und dadurch die Occupancy Costs nachhaltig gesenkt werden können. Trotzdem findet dieses Thema häufig noch zu wenig Beachtung in den Vorstandsetagen. Dadurch erhalten die entsprechenden CREM-Einheiten häufig noch zu wenig Unterstützung um ein konzern- bzw. unternehmensweites Immobilienmanagement durchzuführen. Besonders die immer noch häufig zu beobachtende mangelnde Verfügungsgewalt über die Objekte wird von den CREM-Einheiten beanstandet. Hier gilt es in den kommenden Jahren eine vernünftige Basis für das CREM zu schaffen, die ein effizientes, an der Unternehmensstrategie ausgerichtetes, Immobilienmanagement zulässt.

Das vollständige Arbeitspapier als PDF-Dokument finden Sie zum Download in der rechten Spalte.