Der Nutzen von ERP-Systemen im betrieblichen Immobilienmanagement

Ausgangslage

Jüngste Untersuchungen zum Immobilien-Prozessmanagement kommen zu der Erkenntnis, dass integrierte Standardanwendungssysteme, im folgenden Enterprise Resource Planning Systeme (ERP-Systeme), auch im betrieblichen Immobilienmanagement einen signifikanten Beitrag zur Steigerung von Prozesseffizienz und -effektivität leisten können. Die Praxis zeigt, dass die im Detail sehr komplex ausgestalteten Geschäftsprozesse und Aktivitäten des Projekt-, Portfolio- und Gebäudemanagements sowie der Markttransaktionen eine IT-Unterstützung erfordern, die weit über das hinausgeht, was als Computer-aided Facility Management (CAFM) bekannt ist. Eine Applikation zur Unterstützung von Immobilienprozessen muss auf der anderen Seite aber auch mehr sein als eine Standardbuchhaltungssoftware.

ERP-Systeme als modular aufgebaute und vielseitig erweiterbare bzw. integrierbare Softwarepakete mit einer vollständigen Abbildung sowohl der Werte- als auch Materialflüsse bieten sich scheinbar als Königsweg an, werden jedoch immer wieder mit Fragen hinsichtlich des Nutzens dieser mit hohen Erst- und Folgekosten verbundenen Investitionen konfrontiert. Empirische Studien sprechen hier von durchschnittlich 5 Mio. Euro für die Einführung des R/3-Systems des Marktführers SAP. Nutzen in IT lässt sich nicht bzw. nur sehr schwer bestimmen, da ein positiver Zusammenhang zwischen den IT-Investitionen und der Produktivität der Unternehmung nicht nachweisbar scheint. Verschärft wird diese Problemstellung durch Beobachtungen, dass sich oftmals das Unternehmen der Standardsoftware anpassen muss und nicht umgekehrt. Aufbau- und Ablauforganisation stehen bei einer ERP-Einführung vor tiefgreifenden Veränderungen. In der Theorie sollte jedoch die Prozessorganisation die Technik festlegen und nicht umgekehrt.

Vor diesem Hintergrund ergibt sich die wissenschaftliche Fragestellung, welchen Beitrag ERP-Systeme beim organisatorischen Wandel (=Anpassung der Geschäftsprozesse an veränderte Umweltbedingungen) im Immobilienmanagement von non-property Unternehmen leisten können und in der Vergangenheit geleistet haben bzw. welchen Nutzen ein ERP-System für die interne Organisation des Immobilienmanagements in den Kategorien Prozess-, Markt- und Informationsbeschaffungseffizienz erbringen und damit einen nachweisbaren (auch nicht-monetären) Return on Investment vorweisen kann.

Ziel und Vorgehensweise

Zielsetzung für das vorliegende Forschungsprojekt ist eine theoretisch-empirische Untersuchung der Nutzenwirkungen von ERP-Systemen im betrieblichen Immobilienmanagement am Beispiel von SAP R/3. Grundlage hierfür ist eine systematische und praxisbezogene Konzeption eines ganzheitlich-prozessorientierten ERP-Einsatzes im Immobilienmanagement. Damit soll sich die Arbeit erstmals im Gegensatz zu anderen Beiträgen, die sich mit dem Thema Immobilieninformationssysteme beschäftigt haben, auf die operativen Systeme der Administrations- und Dispositionsebene fokussieren. Diese dienen direkt der Prozessunterstützung und sind somit Teilsysteme der betrieblichen Wertschöpfungskette und damit mögliche Quelle von Wettbewerbsvorteilen.

Nutzen wird in dem vorliegenden Kontext definiert als Beitrag eines ERP-Systems zur Erfüllung übergeordneter Unternehmensziele im Vergleich zum Vorgängersystem. Interpretiert man den Einsatz von ERP-Systemen als organisatorische Problemstellung, so können anhand der in der Fragestellung formulierten Effizienzkriterien folgende Nutzenkategorien abgeleitet werden: Geschäftsprozesse, Kunden-/Marktorientierung, Informationsgewinnung und Mitarbeitermotivation. Entscheidend ist nun wie sich einerseits bestimmte Rahmenbedingungen und andererseits die Einführungsstrategie auf den Nutzen in den einzelnen Kategorien auswirken. Hier kann die Hypothese aufgestellt werden, dass im Vergleich zur Fertigungsindustrie oder zum institutionellen Handel Faktoren wie die Art des Vorgängersystems, der funktionale Abdeckungsgrad der ERP-Software oder die Parallelität des organisatorischen Wandels den Nutzen im betrieblichen Immobilienmanagement stärker beeinflussen als bei der Vergleichsgruppe.

Basierend auf diesen Überlegungen soll ein immobilienspezifischer Bezugsrahmen zur Nutzenuntersuchung entwickelt werden, der eine empirische Untersuchung des Nutzens von ERP-Systemen bei der Unterstützung von Geschäftsprozessen im betrieblichen Immobilienmanagement entsprechend der aufgestellten Fragestellung ermöglichen soll.

Mit Bezug auf das aus den theoretischen Überlegungen abgeleitete Sollkonzept sollen die Ergebnisse einer schriftlichen Befragung von Unternehmen, die das R/3-System der SAP AG einsetzen, dafür genutzt werden, Optimierungspotentiale für den Einsatz von ERP-Systemen im Immobilienmanagement zu identifizieren.