Konzeptionelle Ansätze zur Umsetzung der Energiewende im Gebäudesektor: Systematisierung und Diskussion alternativer Steuerungsindikatoren für die Energie- und Klimapolitik im Gebäudesektor

Ausgangslage

Die Europäische Union wie auch die Bundesregierung streben an, die Treibhausgasemissionen zukünftig stark zu reduzieren. Hierbei spielt der Gebäudesektor eine besondere Rolle, da sich hier Treibhausgasemissionen durch energieeffiziente Neubauten ebenso wie durch energetische Sanierungen leicht reduzieren lassen.

Problemstellung

Um die hoch gesteckten Ziele für den Gebäudestand, die in Anlehnung an den Begriff der Energiewende auch als Wärmewende bezeichnet werden, zu erreichen, bedarf es einer Umsetzungsstrategie, die derzeit Gegenstand der politischen Debatte ist. Kernbestandteil der Strategie ist ein Steuerungssystem, mit dem die zukünftigen energetischen Erfolge sowohl im Gebäudebestand als auch im Neubau geplant und überwacht werden können. Als besonders problematisch hat sich die Auswahl des Steuerungsindikators erwiesen, der als rechnerische Bezugsgröße festlegt, auf was genau sich die Erfolgsmessung im Gebäudesektor bezieht. Traditionell wird die nationale und europäische Energie- und Klimapolitik im Gebäudesektor vor allem nach der Energiemenge in Form von Primärenergie gesteuert. Dementgegen verwendet die EU und auch die Bundesregierung in der sektorübergreifenden Steuerung Treibhausgasemissionen als strategische Zielgröße.

Deshalb wird derzeit intensiv darüber diskutiert, auch die Wärmewende im Gebäudesektor anhand der gebäudespezifischen Treibhausgasemissionen – oder einer vergleichbaren Alternative zu steuern. Wie Forschungsergebnisse zeigen, korrelieren die Ergebnisse der unterschiedlichen Steuerungsindikatoren nicht zwingend miteinander. Je nachdem, nach welchem Indikator gesteuert wird, kann die Auswirkung auf die technische Umsetzung im Gebäude als solches, die Situation der Akteure und der Erfolg der Wärmewende in der Umsetzung sehr unterschiedlich ausfallen. In der Folge hat die Wahl des Steuerungsindikators der Wärmewende im Gebäudesektor insbesondere auch Auswirkungen auf die Allokation der Kosten unter den Akteuren. Die Entscheidung über die Steuerungsindikatoren der Wärmewende ist deshalb so schwierig, da die Bewertung der Alternativen von der Perspektive der jeweiligen Stakeholder und deren Partikularinteressen abhängt. Nach gegenwärtigem Stand der Forschung deutet vieles darauf hin, dass es den „einen besten Indikator“ zur nachhaltigen Steuerung des Klimaschutzes im Gebäudesektor nicht gibt.

Ziel

Die vorliegende Studie verfolgt das Ziel, Transparenz über die Stärken und Schwächen möglicher Steuerungsindikatoren in der Umsetzung der Strategien zur Wärmewende zu schaffen. Besondere Bedeutung kommt dieser Diskussion deshalb zu, da die Novellierung der Energieeinsparverordnung (EnEV) bzw. die Entwicklung eines neuen Gebäudeenergiegesetzes (GEG) in vollem Gange ist. In diesem Kontext ist die Beantwortung der Frage nach den zugrundeliegenden Steuerungsindikatoren und deren Wirkungsmechanismen für eine effiziente und effektive Politik von zentraler Bedeutung.

Die vorliegende Studie dient der systematischen Bewertung alternativer Steuerungsindikatoren zur Umsetzung der Wärmewende aus umsetzungsrelevanten Perspektiven, um so ein möglichst vollständiges Bild der Vor- und Nachteile alternativer Steuerungskonzepte und deren rechtlicher Umsetzung aufzuzeigen.

Ergebnis

Im Ergebnis werden in der Arbeit die folgenden Kernergebnisse erzeugt:

  • Systematisierung der unterschiedlichen Perspektiven zur Bewertung der Energie- und Klimapolitik für den Gebäudesektor und ihrer Zielsysteme und Bewertungsansätze.
  • Kritische Diskussion des Ordnungsrechts und Ableitung von Mindestanforderung an eine auf Effizienz ausgerichtete Steuerungssystematik zur Umsetzung energie- und klimapolitischer Ziele aus den verschiedenen Perspektiven.
  • Aufbereitung der konzeptionellen Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Bewertungsansätzen und -ergebnissen der einzelnen Perspektiven.
  • Diskussion alternativer Konzepte und Steuerungsindikatoren für eine zukunftsfähige Steuerung der Energie- und Klimapolitik im Gebäudesektor
  • Ableitung von alternativen Lösungsansätzen für eine auf Effizienz ausgerichtete Steuerungssystematik für die gebäudespezifische Energie- und Klimapolitik und Darstellung des dafür erforderlichen Forschungsbedarfs.

Zeitlicher Kontext der Arbeit

Die Arbeit entsteht zu einem Zeitpunkt, zu dem kurz vor der Bundestagswahl 2017 von kaum mehr zählbaren Interessenvertretern kontrovers über bspw. die energetische Qualität und Einführung des von der EU geforderten Niedrigstenergiegebäudestandards, die Zusammenführung von EnEV und EEWärmeG, den Beitrag des Gebäudesektors im Rahmen des Klimaschutzplans 2050 oder auch über Zielkonflikte und/oder Synergien zwischen der gebäudespezifischen Energie- und Klimapolitik einerseits und wohnungs- oder wirtschaftspolitischen Zielen andererseits diskutiert wird. Die politische Debatte um über die Zukunft der Steuerung energetischer Qualitäten im Gebäudesektor kann damit als hoch komplex bewertet werden.

Der vorliegenden Arbeit kommt vor diesem Hintergrund deshalb eine besondere Bedeutung zu, weil sie zum einen die Komplexität im Politikfeld systematisch herausarbeitet und damit gleichzeitig reduziert, sowie zum anderen auf diese Weise zu einer Versachlichung der politischen Diskussion über die Zukunft der gebäudespezifischen Energie- und Klimapolitik beiträgt.

Projektlaufzeit: 2016/2017

Download der Studie:

Die Studie finden Sie zum Download hier (wird in neuem Tab geöffnet) .

Weitere Projekte in diesem Themenkontext:

  • Wirtschaftlichkeitsberechnungen bei verschärften energetischen Standards für Wohnungsneubauten aus den Perspektiven von Eigentümern und Mietern
  • DFG-Forschergruppe: Lokale Generierung handlungsrelevanten Wissens. Teilprojekt: lokale Strategien und Maßnahmen gegen den Klimawandel in Flächenmanagement und Immobilienwirtschaft
  • Energetische Gebäudesanierung in Deutschland: Prognose Kosten alternativer Sanierungsfahrpläne und Analyse der finanziellen Belastung für Eigentümer und Mieter bis 2050

Der BID Bundesarbeitsgemeinschaft der Immobilienwirtschaft Deutschland setzt sich aus den folgenden Mitgliedern zusammen:

  • BFW Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen,
  • DDIV Dachverband Deutscher Immobilienverwalter,
  • GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen,
  • IVD Immobilienverband Deutschland – Bundesverband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen,
  • vdp Verband deutscher Pfandbriefbanken,
  • ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss.

Publikationen:

Pfnür, Andreas ; Müller, Nikolas D. :
Konzeptionelle Ansätze zur Umsetzung der Energiewende im Gebäudesektor – Systematisierung und Diskussion alternativer Steuerungsindikatoren für die Energie- und Klimapolitik im Gebäudesektor.
Darmstadt
[Report], (2017)

Pfnür, Andreas ; Müller, Nikolas D.
Pöschk, Jürgen (ed.) :
Wirtschaftlichkeitsprobleme bei der Verschärfung von energetischen Standards im Wohnungsneubau – Effizienzbetrachtungen aus Sicht unterschiedlicher Stakeholder.
In: Energieeffizienz in Gebäuden. VME Verlag und Medienservice Energie, Berlin , pp. 115-121.
[Buchkapitel], (2017)

Pfnür, Andreas ; Müller, Nikolas D. :
Wirtschaftlichkeitsprobleme bei der Verschärfung energetischer Standards – Effizienzbetrachtung aus Sicht unterschiedlicher Stakeholder.
In: DW Die Wohnungswirtschaft (4|2017) pp. 36-39.
[Artikel], (2017)